Götz George (* 23. Juli 1938 in Berlin; † 19. Juni 2016 in Hamburg): deutscher Charakterdarsteller auf der Theaterbühne, in Film und Fernsehen; populär als Duisburger Hauptkommissar Horst Schimanski (TATORT), 2008 zum beliebtesten Polizisten Deutschlands gewählt.
Einst (in den 60ern) auf dem Titelblatt der „Bravo“ avancierte er zum Weltklasse-Schauspieler, den wir für nahezu unsterblich gehalten hatten.
Noch immer können wir es also kaum fassen:
Götz George, „der größte deutsche Schauspieler der Gegenwart“ (Christian Buß für den SPIEGEL) ist tot.
http://www.spiegel.de/kultur/tv/goetz-george-nachruf-auf-den-grossen-schauspieler-a-1099929.html
Diese „Gegenwart“ dauerte ziemlich lange und umfasst sage und schreibe 66 intensive Jahre.
Bereits 1950 gab der 12jährige Götz George nämlich sein Bühnendebüt in William Saroyans „Mein Herz ist im Hochland“ am Berliner Hebbel-Theater.
1953 spielte er mit erst 15 Jahren neben der ebenso begabten, aber im Leben unglücklicheren Romy Schneider, dem ersten von zahlreichen Weltstars an seiner Seite, in „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ mit, einer ‚biederen musikalischen Romanze‘ (so ein Filmlexikon), die noch meine Urgroßeltern im Kino gesehen hatten und die immer noch gelegentlich im Fernsehen wiederholt wird; ich selbst erlebte ihn erstmal in den 60ern – im „Schatz im Silbersee“ (auf der Seite der ‚Guten‘, ‚Edlen‘, ‚Starken‘, was zunächst mein Bild von Götz bestimmte, zwar fernab eines ‚Götzenbildes‘, aber doch noch vorwiegend von körperlicher Vordergründigkeit geprägt).
1977 bewies der gutaussehende Schauspieler erstmals, dass er über die leichte Komödie und den (damals spannenden) Western hinaus das Zeug zum Charakterdarsteller hatte, ja sogar aus dem breiten Schatten seines berühmten, aber auch mit unsäglichen Nazi-Propagandafilmen („Kolberg“) belasteten Vaters Heinrich George herauszutreten eine echte Chance hatte: In dem ambitionierten Kinofilm „Aus einem deutschen Leben“ spielte er eindrucksvoll die Hauptrolle eines schuldverstrickten KZ-Kommandanten.
Seit den 80er Jahren (bis fast zuletzt) war er ‚Schimanski‘: Diese Lebensrolle eines eigenwilligen TATORT-Polizisten machte ihn endgültig berühmt, wenn nicht ‚unsterblich‘; denn diese ganz besonderen Kriminalfilme teilweise auch fürs Kino werden noch in Jahrzehnten wiederholt werden, nicht nur wie derzeit aus traurigem aktuellen Anlass.
Hier können wir uns in voller Länge den allerersten Schimanski-TATORT von 1981 anschauen:
https://www.youtube.com/watch?v=rmgI5iz9EYQ
In den 90ern bewies George zudem sein komödiantisches Talent, z.B. in der wohl besten Filmsatire überhaupt, in Helmut Dietls „Schtonk“, wo er einen herrlich schmierigen Reporter (des STERN) spielte, der auch zum eigenen finanziellen Nutzen und Ruhm gefälschte Hitler-Tagebücher akquirierte.
Aber er ‚war‘ auch Serienmörder („Der Sandmann“, 1995; „Der Totmacher“, ebenfalls 1995), ja Massenmörder („Nichts als die Wahrheit“ von 1999 über den menschenverachtenden KZ-Arzt Josef Mengele) – wozu schauspielerisches Können, aber auch Mut gehört.
Die größte Rolle seines Lebens verkörperte er jedoch erst 2013 in der Fernseh-Doku „George“: Er spielte unglaublich überzeugend seinen eigenen Vater, der in russischer Kriegsgefangenschaft ums Leben gekommen war.
Hier schließt sich der beachtliche Kreis eines gewaltigen Lebenswerks.
Götz George war als Künstler von einer derartigen Intensität, dass der deutsche Film ohne ihn zunächst nicht gedacht werden kann, dessen Zukunft gefährdet scheint.
Es sind zahlreiche teils brillante Nachrufe erschienen: im Fernsehen, im Rundfunk, in den Printmedien („SPIEGEL“, „STERN“, in unseren Zeitungen) – kluge und einfühlsame Texte, aus denen wir selbst dann lernen können, wenn wir als Film- und Fernsehfreunde den Großschauspieler zu kennen glaubten, den wir nur deshalb nicht als ‚Volksschauspieler‘ empfanden (in einer Riege mit u.a. Heidi Kabel, Rühmann, Millowitsch), weil seine Rollen hierfür zu anspruchsvoll und komplex waren.
Aber er wird sie, seine teilweise längst verstorbenen Kollegen, inzwischen alle getroffen und sich mit ihnen vielleicht ebenso angelegt haben wie 1998 in ‚Wetten dass…‘ mit Thomas Gottschalk (dem er eher aus einer Laune heraus Oberflächlichkeit vorwarf und dass er wie wir alle zu wenig zu wenig von Film und Theater verstehe).
Sie haben sich dort oben bei einem Cognac wieder zusammengerauft, einträchtig auf einer für sie reservierten Filmwolke.
Götz George.
Sein Vorname war auch Programm: Wir alle kennen das berühmte Zitat des Ritters mit der eisernen Hand von und zu Berlichingen – aber auch dessen starken, unbeugsamen Charakter und seine bärbeißige Menschlichkeit.
Einfach war der aus heiterem Himmel Verstorbene und war es mit ihm nicht – aber wir ahnen heute schon und werden bald wissen, wie unendlich er uns fehlt.
RIP!
Dipl.-Päd. RL Fred Maurer